Bundesweit werden jährlich rund 50 Millionen geschreddert oder vergast

Erstmals Anklage wegen massenhafter Tötung männlicher Eintagsküken

17. Feb. 2016 von

Diese Bilder gehören hoffentlich bald der Vergangenheit an: Ahnungslos und anscheinend ohne Betäubung fallen kleine männliche Küken in einen großen Schredder. Andere werden vergast. Bundesweit rund 50 Millionen im Jahr. Und das nur, weil männliche Hühner keine Eier legen und nicht genug Fleisch ansetzen.

Wie die Tierschutzorganisation PETA und der SPIEGEL berichten, hat jetzt die Staatsanwaltschaft Münster erstmals Anklage gegen eine Brüterei wegen der massenhaften Tötung von männlichen Eintagsküken erhoben. Im aktuellen Fall geht es um die Brüterei Brinkschulte in Senden im Münsterland. Gegen den Marktführer in der Züchtung und Produktion von „Legehennenrassen“ „Lohmann /Aviagen“ mit Sitz in Cuxhaven wird derweil noch ermittlet. Gegen beide Betriebe hatte PETA Anzeige erstattet.

Das massenhafte Schreddern von männlichen Küken verstößt nach Ansicht der Kläger gegen das Tierschutzgesetz, das bereits in §1 festschreibt: „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“ Wer nachweislich „ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet“, dem drohen laut §17 Nr.1 Tierschutzgesetz Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.

Eine neue Methode bietet vielleicht eine Alternative

Auch die Politik will dem Schreddern ein Ende setzen. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt sprach bereits im März 2015 davon: „Ab Ende 2016 sollen die ersten ‚tötungsfreien’ Bruteier auf den Markt kommen. Mein Ziel ist es, dass das Kükenschreddern 2017 aufhört.“ Für den Verbraucher solle die Technik mit maximal 1-2 Cent Teuerung pro Ei bemerkbar sein, so Schmidt damals.

Bisher ist es durchaus üblich, die Küken zuerst schlüpfen zu lassen. Dann wird beim sogenannten „Sexen“ festgestellt, ob es sich um männliche oder weibliche Küken handelt. Eine neue Methode setzt dagegen vor dem Schlüpfen an.

Bereits nach 72 Stunden kann durch das Verfahren untersucht werden, ob im Hühnerei ein männliches oder ein weibliches Lebewesen entsteht. Innerhalb des Eis entwickeln sich innerhalb dieser Zeit nach Bebrütung bereits winzige Blutgefäße, die auf die Geschlechtsausprägung hinweisen. Durch Einsatz eines Spektroskops im nahinfraroten Wellenlängenbereich können diese erkannt werden.

Man geht davon aus, dass der Hühnerembryo bis zu 10 Tage nach der Bebrütung noch schmerzunempfindlich ist. Somit würde das unethische Massenschreddern entfallen.

Noch dauert dieses hochmoderne Verfahren pro Ei ca. 15-20 Sekunden. Durch technische Verbesserungen seien aber auch deutlich unter 10 Sekunden pro Ei möglich, so das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).

Letztendlich wird es an den Betrieben liegen, eine Entscheidung zu treffen. Viel mehr jedoch hat es der Verbraucher in der Hand, sobald die „tötungsfreien“ Bruteier auf dem Markt sind.