Risiken und Gefahren von Gesundheitsapps

Digitale Fitness-Fesseln: Die Veröffentlichung des Körpers

20. Feb. 2016 von

Bindung, die unter die Haut geht: Fitness-Apps und digitale Armbänder zeichnen unser Leben auf und zeigen uns, wie gesund wir leben. Konzerne möchten diese Daten haben – ist das „gesund“?

Wie privat ist unser Leben noch? Unsere Handys oder Geräte wissen besser über uns Bescheid, als unsere Partner. Sie wissen, was und wie viel wir essen, oder wie lange und oft wir joggen. Laut dem Verband Bitkom benutzt jede/r dritte Deutsche Apps, die unsere Gesundheit aufzeichnen. Das handelsblatt.com zitiert den Chef der Techniker Krankenkasse (TK), Jens Baas, in diesem Zusammenhang: „Jeder von uns wird so ein Gerät haben.“

Das digitale Ausmessen der Menschheit ist zwar praktisch für uns und macht unser Leben leicht, gleichzeitig sind diese Daten aber auch eine riesige Goldgrube für Konzerne – von Pharma bis Versicherungen. Verbraucherschützer finden das nicht toll: „Kein Mensch darf zum Objekt eines Algorithmus werden“, zitiert die FAZ Justizminister Heiko Maas.

Per App auf den Computer

Der moderne Sportler trägt Wearables. Das sind kleine Computer-Geräte, die direkt am Körper anliegen. Der Blick auf das Handgelenk zeigt dann nicht mehr nur die Uhrzeit, sondern auch die Pulsfrequenz. Diese Geräte speichern die Daten dann, schicken sie an einen Computer, der die Daten dann auswertet.

80 Millionen Menschen in 20 Ländern nutzen beispielsweise die Adidas-App Runtastic – Datenfreigabe inklusive? Was sind denn überhaupt die Vorteile, die solche Daten für Firmen bietet? Laut Jens Baas ist alles eine Frage der Vorsorge, denn wie er meint, ist es einfacher, das Risiko einer Krankheit zu bewerten, wenn man einerseits die Patientenakte kennt, aber auch den Puls, die Bewegungsfrequenz, das Essverhalten etc. mitanalysieren kann.

Würdest du deine Daten freiwillig an deine Krankenkassen weitergeben?

Laut Bitkom-Umfrage sind ein Drittel der Deutschen bereit, die Gesundheitsdaten an Krankenkassen weiterzuleiten, wenn sie dafür finanzielle Vorteile bekommen.

Generali: Erster Anbieter, der Preisnachlässe bietet

So not only Big Brother is watching us. Da ist tatsächlich etwas in Gange, denn die Versicherungsgruppe Generali offeriert ihren Kunden Gutscheine und Rabatte, wenn sie „gesund“ leben – und das auch beweisen. Am günstigsten versichern kann sich der, der Generali über die Apps hin und wieder in seinen Lebensstil reinschnüffeln lässt.

Alles, was du tun musst: Deine persönlichsten Daten übermitteln. Die Versicherungsgruppe evaluiert dann, ob du gesund lebst oder nicht. Wenn du nicht konform bist, zahlst du mehr oder wirst womöglich gar nicht versichert. Gesund ist übrigens, was Privatkonzerne diktieren. Und das nicht etwa nach gültigen staatlichen Standards, sondern mittels konzerneigenen Algorithmen.

Niklas Maak, Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen bringt die Problematik auf den Punkt: „Die Vernetzung des Körpers mit den Datensammelmaschinen eines kommerziellen Konzerns, dem es vor allem darum geht, seine Kosten gering zu halten, und der zu diesem Zweck versucht, die Körper der Versicherten in seinem Sinne zu steuern und zu verändern – ist ein Kulturbruch“.

Oder sagen wir - Kulturschock? Generali-Chef Mario Greco gibt unverblümt zu: „Mittels diesen Datenerhebungen beeinflussen wir das Verhalten unserer Kunden, denn gesundere Kunden sind besser für uns.“ Aha.

Kritik in Sachen Datenschutz

Kritisiert wird also vor allem der Datenschutz und undurchsichtige Praktiken. Dort liegen auch die Gefahren: Denn die Versicherungsnehmer und Verbraucherschützer sind unsicher, welche Daten wo und wie gespeichert werden und wo sie möglicherweise landen. Auch falsche Messwerte oder falsche Gesundheitsratschläge werden gefürchtet.

Das neue EU-Datenschutzrecht soll für den ersten Punkt jedoch Abhilfe schaffen. „Es ist die Aufgabe der Politik, Standards für Qualität, Datenschutz und Datensicherheit zu entwickeln“, zitiert das Handelsblatt Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband.

Gelobt in Sachen Datenschutz haben kanadische Forscher der Universität Toronto kürzlich die Apple Watch. Sie führten Studien mit acht Fitness-Trackern durch. Die Apple Watch ist das einzige Gerät, welches die eigene Netzwerk-ID manchmal per Zufall ändert - alle anderen Geräte ermöglichen eine Langzeitüberwachung mittels einer eindeutigen ID.