Allergien bei Kindern

Woher kommen die Allergien deiner Kinder wirklich?

22. Juli 2015 von

Würmer, Staub, Keime und Tierhaare: All dem sollen wir unsere Kinder aussetzen, möglichst schon im Mutterleib. Warum? Weil es grundimmunisiert.

Die „Welt Online“ berichtet, dass Allergie-Experten seit einiger Zeit davon abraten, Kinder vor Keimen, Dreck und Tierhaaren fernzuhalten. Warum? Die Hinweise haben sich verdichtet, dass übermäßiges Schonen und Virentöten das Immunsystem schwächt und nicht wie ursprünglich angenommen, stärkt.

Der Grund findet sich in der Biologie des Menschen: Das Immunsystem eines Babys kann sich entweder dafür entscheiden, Bakterien, Viren und Parasiten zu bekämpfen, oder allergische Reaktionen zu entwickeln. Damit Ersteres passiert, muss es sich mit den „Schädlingen“ auseinandersetzen können. Der frühe Kontakt mit Allergenen hilft daher, das Kinder gesund heranwachsen.

Aus diesem Grund haben sich die Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) und die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) dazu entschieden, eine neue, evidenzbasierte Leitlinie zur Allergieprävention zu publizieren. Frühere Verbote wurden radikal weggelassen.

Schmutz statt Keimkiller-Seife und Verzicht

Folgende theoretischen Richtlinien in Bezug auf Allergologie sind neu:

  • Schwangere sollen sich zwar möglichst ausgewogen, aber nach Lust und Laune ernähren: Fisch ist kein Tabu mehr, da auch Fischverzehr Allergien vermindern könnte
  • Babys sollte die Mama in den ersten vier Monaten stillen. Danach sollen die Kleinen essen, was sie mögen
  • Keine Allergie-Bettwäsche und chemischen Hausmilben-Killer mehr verwenden
  • Hunde- und Katzenhaare fördern die Immunabwehr: Man hat entdeckt, dass Kinder die mit Haustieren und ihren Allergenen in Kontakt kommen, ein viel kleineres Risiko haben, zu einem späterem Zeitpunkt allergisch auf die Reizstoffe zu reagieren.
  • Im Säuglingsalter soll das Baby auf einem Tierfell schlafen
  • Das Baby sollte, wenn möglich, auf natürlichem Wege auf die Welt kommen, denn Babys, die mit Kaiserschnitt geboren werden, haben ein höheres Allergierisiko
  • Die Bitterfeld-Studie hat gezeigt, dass der frühe Kontakt (schon im Babyalter) zu anderen Kindern das Risiko, später im Leben an Asthma oder Heuschnupfen zu erkranken, stark verringert.

Bauernkinder liefern den Beweis

So viel zur Theorie. Doch in der Praxis beweisen Kinder, die auf dem Bauernhof oder zumindest auf dem Land aufgewachsen sind, dass die DGAKI und die DGKJ Recht haben: Sie leiden viel weniger an Allergien, trotz ausgedehntem Kontakt zu Milben, Flöhen, Mäusen, Ratten, Pilzen, Bakterien, Bäumen und Gräsern. Jedes fünfte Landkind hat Würmer oder andere Parasiten, doch anscheinend helfen sogar diese „Schädlinge“ einer Hausstaub-Allergie aus dem Weg zu gehen. Das besagt zumindest sie sog. „Urwald-Hypothese.“

Besonders interessant: Wenn eine werdende Mutter in den ersten vier Monaten ihrer Schwangerschaft regelmäßig 20 Minuten oder mehr im Kuh- oder Geflügelstall verbringt, erkrankt das Kind nur im seltensten Fall an Heuschnupfen oder Asthma. Das kam bei einer Studie der Universitäts-Kinderklinik München raus.

Hilfe im Alltag

Manche von uns hatten vielleicht nicht das Glück, mit vielen Tieren oder auf dem Land aufzuwachsen und müssen sich nun mit Asthma, Kreuzreaktionen und Heuschnupfen herumplagen. Was hilft?

Man könnte es mit der Alternativmedizin probieren, denn wenn man trotz starken Symptomen nicht zu Medikamenten greifen will, gibt es in dem Bereich einige Möglichkeiten: Akupunktur, homöopathische Präparate, oder Entspannungstechniken mittels Hypnose.

Für die erfolgreiche Wirkung von Akupunktur liegen Studien vor, auch die Homöopathie kann mittels Studien von geheilten Fällen berichten. Entspannungstechniken werden vor allem eingesetzt, um die Atemnot beim Asthma in den Griff zu bekommen.

Ein schulmedizinischer Weg ist die Immuntherapie: Gerade bei einer Reaktion Birkenpollen, die oftmals mit einer Kreuzallergie auf Lebensmittel einhergeht, verzeichnet sie eine hohe Erfolgsquote. Die Therapie ist aufwändig: Man kann während einiger Zeit (mind. 2 Jahre) das Allergen spritzen oder unter der Zunge zergehen lassen.

Pollenallergie

Experten vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB) empfehlen, die Kleidung in der Pollensaison häufiger zu waschen (Kurzprogramme reichen aus). Immer häufiger sind Filter für Allergiker im Einsatz, welche die Luft auch bei geschlossenen Fenstern reinigen.

Die günstige Alternative: Nachts ein feuchtes Betttuch vors Fenster hängen, damit die Pollen abgefangen werden. Da die kleinen Pollen sich auch in Haaren ablagern, sind häufige Haarwäschen vor der Bettruhe ratsam. Zudem kann man die Kleidung, die man tagsüber trägt, aus dem Schlafzimmer verbannen und vor der Haustür ausklopfen.

Auch Allergiker-Bettwäsche ist empfehlenswert. Und zum Thema lüften: In der Stadt möglichst frühmorgens, auf dem Land abends und in der Nacht. Für beide Standorte gilt, dass man stets in der Zeit nach Regenschauern lüften sollte, dann ist die Luft besonders sauber.

Ein neuer Übeltäter: Beifussblättroges Traubenkraut

Eine Allergiepflanze, die Allergologen europaweit Kopfzerbrechen bereitet, ist Ambrosia, denn sie stellt eine Gefahr für Mensch und Natur dar. Sie produziert Unmengen an aggressiven Pollen, die zu den Inhalationsallergenen gehören. Eine einzelne Pflanze produziert bis zu 60'000 Samen, die im Boden bis zu 40 Jahre keimfähig bleiben.

In den USA, Kanada und Russland ist der „Herbstschnupfen“, von Ambrosia ausgelöst, ein beinah gefürchteter Begriff. Ambrosia hat sich im Burgenland und Wien ausgebreitet und vermehrt sich nun im Donautal über Krems in Richtung Innsbruck.

Auch das Schweizer Rheintal, Genf und das Tessin sind betroffen. In Deutschland ist der Süden, der Südwesten sowie Teile der neuen Bundesländer betroffen. Die Bevölkerung wird dazu angehalten, die Pflanze auszureissen, bevor sich die Blüten öffnen.