Fleisch & Wurstwaren

Teures Fleisch: Fette Margen für Coop und Migros

22. Nov. 2013 von

Die Zahlen des Bundesamts für Landwirtschaft sind deutlich: Bauern erhalten immer weniger fürs Fleisch, Konsumentinnen und Konsumenten bezahlen jedoch immer mehr. Die Grossverteiler zweifeln an den Berechnungen des Bundesamtes und machen gestiegene Lohn- und Verarbeitungskosten für die hohen Margen »

Auf dem Schweinezucht- und Mastbetrieb von Hanspeter Keller leben 100 Muttertiere und 600 Masttiere. Obwohl die Produktionskosten steigen, will Keller gute Qualität zu bezahlbaren Preisen produzieren. Doch in den letzten zehn Jahren bekam der Betrieb in Roggwil am Bodensee für seine schlachtreifen Tiere immer weniger. "Es gibt nur zwei bis drei Abnehmer, aber viele Produzenten, dann ist ja klar wer den Preis bestimmt", sagt Keller. Im Schweizer Detailhandel machen in erster Linie Coop und Migros die Preise. Sie sind die Giganten im Schweizer Frischfleisch-Markt. Zusammen kontrollieren sie 75 Prozent des Schweinefleisches oder 80 Prozent des Gesamtmarkts.

Berechnungen des Bundesamtes für Landwirtschaft belegen: Die Einstandspreise - das sind die Erlöse der Produzenten - sind beim Schweinefleisch in den letzten fünf Jahren trotz saisonalen Schwankungen gesunken. Die Ladenpreise jedoch sind in der gleichen Zeit gestiegen. Das heisst: Vom Preis, den die Konsumenten zahlen, geht immer mehr an Schlachtbetriebe und Detailhändler. Die sogenannte Bruttomarge - darin enthalten sind nebst dem Gewinn sämtliche Betriebskosten wie zum Beispiel Verarbeitung und Löhne des Verkaufspersonals - ist in den letzten fünf Jahren um 40 Prozent grösser geworden.

Die Migros zweifelt an den Margenberechnungen des Bundesamtes: Die Berechnungen für den Gesamtmarkt liessen sich nicht auf die Migros anwenden. Die Bruttomarge sei niemals 40 Prozent gestiegen. Coop wirft dem Bundesamt Rechenfehler vor: "Wenn Sie und ich einkaufen gehen, schauen wir auf die Aktionen. Dieser Mengeneffekt wird vom Bundesamt nicht in Betracht gezogen", kritisiert Sibyl Anwander von Coop.

Michael Misteli ist beim Bundesamt für Landwirtschaft zuständig für die Berechnung der Bruttomarge. Die Berechnungsmethode ist wissenschaftlich fundiert. "Die Berechnung hat sicher Schwachstellen, aber über fünf Jahre gleicht sich das aus", sagt Misteli. "Wir würden sehr gerne mehr Zahlenmaterial verarbeiten, aber die Grossverteiler sind sehr zurückhaltend beim Offenlegen von genaueren Zahlen", sagt Michael Misteli vom Bundesamt für Landwirtschaft. Allzu viel Transparenz scheint unerwünscht.

In Deutschland sind die Bruttomargen seit Jahren konstant. Und in Deutschland spielt der Markt: Die Konsumenten haben die Wahl zwischen vielen Anbietern. "Wir haben mit sieben bis acht Discountern zu kämpfen. Der Wettbewerb ist hier in Deutschland deutlich stärker", sagt Rolf Heidegger, Geschäftsführer Fleischwerke Nord von Edeka, der Nummer eins im Deutschen Nahrungsmittelmarkt. Das ist gut für die Konsumenten: Die harte Konkurrenz zwingt die deutschen Grossverteiler, die sinkenden Produzentenpreise an die Konsumenten weitergeben. In der Schweiz ist das anders. Coop und Migros machen für die hohen Preise gestiegene Kosten, unter anderem höhere Löhne und höhere Betriebskosten, verantwortlich.