Nach Einbruch in einen Mastbetrieb

Schweizer Tierschützer beklagen unwürdige Bedingungen auf Hühnerfarm

03. Feb. 2016 von

Mitglieder der Westschweizer Organisation Pea (Pour l’Egalité Animale) dringen in eine Hühnerfarm ein und prangern die Haltungsbedingungen von Schweizer Masthühnern an. Aber auch diese Medaille hat eine Kehrseite.

Unwürdige Bedingungen

Die Tierschützer sind empört: In einer Hühnerfarm finden sie 7000 Masthühner vor, die auf engstem Raum leben, oder besser: vor sich hinvegetieren, müssen. „Es gibt verletzte, kranke Tiere, teilweise mit ausgerenkten Gliedmaßen, die keinerlei Pflege erhalten und gleichgültig dem Tod überlassen werden“, schreiben die Aktivisten gemäß einem Bericht von 20min.ch. Das Video im Bericht zeigt auch tatsächlich Tiere in jammervollem Zustand.

Pea fordert deshalb in einer Petition mehr Transparenz bei der Schweizer Hühnerzucht – bis hin zu Webcams in den Ställen. Besonders stoßend: Laut Pea verspreche der kritisierte Betrieb eine besonders artgerechte Haltung und vertreibe die Masthühner unter dem Label IP-Suisse. IP-Suisse steht für besonders tiergerechte Haltung.

IP-Suisse dementiert

Stimmt nicht, sagt IP-Suisse, und prüft sogar eine Klage wegen Rufschädigung gegen die Tierschützer. Das erklärt IP-Suisse-Geschäftsführer Fritz Rothen: „Der Bauer ist Mitglied bei uns, er produziert Geflügel aber nicht mehr unter dem Label IP-Suisse.“ Und er führt aus, dass Mitglieder nur etwas mehr als die Mindeststandards gemäß dem Schweizer Tierschutzgesetz erfüllen müssen. Allerdings gälten für Geflügel, das unter dem Label zum Beispiel bei „Manor“ verkauft werde, strengere Bedingungen. Unter anderem müssten die Hühner nach draußen können, was bei dem von den Tierschützern kritisierten Betrieb nicht der Fall sei.

Die vereinsinternen Kontrollen zur Einhaltung des Standards beschreibt Rothen so: Jährlich werden Mitglieder-Betrieben mindestens einmal von Experten überprüft. Bei Verdachtsfällen würden innert 24 Stunden Kontrollen vor Ort durchgeführt. Und er führt weiter aus, dass einige der Label-Betriebe bereits freiwillig Webcams auf ihrer Website eingebunden hätten.

Die Sicht des Bauern…

Der Bauer sagte gegenüber der Zeitung „Le Matin“: „Der Vorfall ist unerhört. Sie haben zwei Tafeln ignoriert, die den Zutritt verbieten.“ Das nächtliche Eindringen habe die Hühner dermaßen in Panik versetzt, dass einige Tiere starben. Er will deswegen wegen Hausfriedensbruchs gegen Pea klagen.

… und die des Kantonstierarztes

Der Freiburger Kantonstierarzt Grégoire Seitert überwacht von Amts wegen, ob das Tierschutzgesetz eingehalten wird. Er relativiert die Beobachtungen der Tierschützer: Eine solche Tierhaltung sei „normal“ und mit 14 toten Tieren auf 7000 liege der Bauer sogar unter dem Durchschnitt.

„Der einzige Vorwurf, den man unter Umständen machen kann, ist, dass die Kadaver vom Bauern nicht direkt entfernt wurden, ebenso wie das verletzte Huhn und die drei kranken Tiere“, zitiert ihn 20min.ch. Das nächtliche Eindringen der Tierschützer kritisiert er scharf, schließlich hätten sie sich nicht auf Salmonellen getestet und damit grundsätzliche Sicherheitsregeln verletzt.

Trauriger Normalzustand in der Schweizer Tierhaltung

Pea-Sprecher Fabien Truffer spricht indes vom „traurigen Normalzustand in der Schweiz“ und prangert das System an. Und hat, trotz widerrechtlichem und fahrlässigem Betreten des Betriebs irgendwie ja auch recht: Gerade vor dem Hintergrund, dass KFC bald auch in der Schweiz Filialen eröffnen will, stellt sich einmal mehr die Frage, welche Tierhaltung für Masttiere angemessen ist.