Iss scharf, dann lebst du länger

Scharfes Essen ist gut für die Gesundheit

27. Aug. 2015 von

Scharfe Gewürze und Lebensmittel verlängern das Leben, sagt eine neue Studie. Möglicherweise ist das aber nicht ganz richtig, denn die Datenlage ist dürftig. Wir berichten.

Heiß, heiß, heiß! Scharfe Lebensmittel stehen im Fokus einer neuen Studie, die Anfang August publiziert wurde. Sie besagt, dass der häufige Genuss feuriger Zutaten, wie beispielsweise der Verzehr von roten Chilis mehr als einen kitzelnden Gaumen und eine prickelnde Zunge mit sich bringt.

„Unsere Forschungsarbeit zeigt, dass scharfe Gewürze stimulierende Vorgänge im Körper unterstützen“, sagt Lu Qi, Professor an der Harvard School of Public Health und seines Zeichens Co-Autor einer neuen und umfangreichen Studie, die im British Medical Journal veröffentlicht wurde. Er sagt allerdings im gleichen Atemzug, dass die Datenlage der Auswirkung von scharfen Lebensmitteln auf den Körper noch zu dürftig ist, um eine definitive Aussage zu machen.

Ähnliche Studie in China

Die Quellentexte vergleichen dann auch gleich Äpfel mit Birnen: Die chinesische Akademie medizinischer Wissenschaften hat eine ähnliche Studie publiziert. Sie sammelten zwischen 2004 bis 2008 Daten mittels Fragebögen, welche Ernährungsgewohnheiten von beinahe 500'000 Chinesen im Alter von 30 bis 70 Jahren analysierten. Sie fokussierten sich vor allem auf die Wirkung von scharfen Lebensmitteln. Nicht berücksichtigt wurden dabei Krebskranke, Herzkranke oder Menschen, die einen Schlaganfall erlitten.

Außen vor gelassen wurden ebenfalls die Lebensumstände. Die chinesischen Forscher nahmen sich nach sieben Jahren erneut der Datenlage an: Sie haben herausgefunden, dass Menschen, die öfter scharf essen, ein zu 14 Prozent geringeres Risiko haben, an einer Herz- oder Lungenkrankheit zu sterben. Laut Studie waren übrigens frische und getrocknete Chillies die häufigste „Scharf-Quelle.“

Capsaicin – Bioaktiver Wirkstoff

Beide Studien nehmen sich dem Wirkstoff Capsaicin an. Man hat bereits bewiesen, dass er gut und gesund für Menschen ist, die abnehmen wollen: Chilischoten kurbeln die Fettverbrennung an und es gibt Heilpraktiker die sagen, dass Capsaicin helfe, Entzündungen im Körper vorzubeugen und zudem die Nieren, Lungen und das Herz stimuliere.

Es gibt sogar Aussagen von Hebammen, die belegen wollen, dass der Genuss von scharfen Speisen den Geburtsvorgang einleite oder beschleunige. Das sei mal dahingestellt, aber jede und jeder, die öfters mal zum Chillitöpfchen greift, weiß, dass die volle Schärfe tränende Augen und eine laufende Nase verursachen kann. Das heisst, dass man es nicht immer unbedingt übertreiben muss mit der Beigabe von roten oder grünen Schoten.

Wichtigste Ergebnisse der Studie auf einen Blick

  • Menschen, die mehrmals pro Woche scharf essen, haben ein 14 Prozent geringeres Risiko, frühzeitig zu sterben
  • Die Studie konzentriert sich vor allem auf die Wirkung von Capsaicin, ein bioaktiver Stoff in Chillies
  • Studien müssen noch genauer untersuchen, ob scharfes Essen tatsächlich einen schützenden Effekt auf den Körper hat

Kontra-Indikationen zur Studie

Die Website von Vocativ hält aber gegen die zuvor wiedergegebenen Aussagen vom Standard und denen der New York Times und anderen Medien. Die Journalisten kritisieren, dass sogar die beteiligten Wissenschaftler ihre eigene Datenlage als „dürftig“ bezeichnen und bezichtigt die NYT (und weitere etablierten Medien) deshalb einem „schäbigen, nachlässigen Journalismus.“

Die „rote Flagge“, welche die erfahrenen Journalisten übersehen haben sollen, liegt in der zusammengefassten Aussage der Studie (übersetztes Zitat): „Unsere Analyse zeigt deutlich, dass der Konsum von scharfem Essen in direktem Zusammenhang mit der Sterblichkeitsrate steht. Nichtsdestotrotz, die Studie war lediglich beobachtender Natur und deshalb ist es nicht möglich, einen kausalen Zusammenhang herzustellen. Da haben die Journalisten voreilige Schlüsse gezogen.

Mehr Kohlenhydrate oder doch bessere Gesundheitsvorsorge?

Vocativ meint, dass die Schlussfolgerungen der amerikanischen und der chinesischen Studien zwar möglich, aber nicht unbedingt vergleichbar seien. Zweitens bemerkt er, dass die Lebenserwartung auch noch von anderen Faktoren abhängen könnte. Autor Joshua Kirsch stellt die Frage, welche anderen Faktoren noch an die Lebenserwartung geknüpft sind. Das könnten sein:

  • Der Verzehr von größeren Mengen gesunder Kohlenhydrate zusammen mit der scharfen Komponenten
  • Das sich reichere Leute eher scharfes und frisches Essen leisten können, sie aber gleichzeitig auch besseren Zugang zu einer guten medizinischen Versorgung haben

Klingt zwar plausibel, aber eine genaue Aussage kann natürlich auch Kirsch nicht treffen. Er zeigt lediglich auf, dass Korrelation keine Kausalität impliziert.

Wir denken: Wenn man sich gesund und ausgewogen ernährt, kann man gut und gerne auch mal tiefer in die Würzkiste greifen. Ob’s tatsächlich dein Leben verlängert? Haben wir keinen Beweis für gefunden.