Warum nicht mal ein Secondhand-Handy?

Recommerce: Ein zweites Leben für gebrauchte Technik

04. Mai 2016 von

Elektroschrott ist ein schnell wachsendes Problem in unserer Zeit. Sind unsere Geräte nicht mehr uptodate, wollen wir das neuere Smartphone. Muss das sein?

Laut einer Umfrage des Branchenverbandes BITKOM liegen in Deutschland 100 Millionenen alte Handys herum – ungenutzt. Wohin mit dem alten Ding? Erstmal in irgendeine Schublade, und beim nächsten Umzug dann doch in die Tonne … Genau diesen Schritt wollen sogenannte Recommerce (Recycling + Ecommerce) Portale verhindern: Denn irgendwo ist bestimmt jemand, der sich über ein gebrauchtes Smartphone freut, was er zum halben Preis bekommt.

Ankauf und Verkauf funktionieren einfach und kundenfreundlich, bei den meisten Händlern gibt es sogar Rückgaberecht und eine mehrmonatige Garantie. Diesen Service hat man auf keinem Flohmarkt.

Secondhand, online weiter gedacht

Gebrauchte Gegenstände zu verkaufen ist an sich keine neue Idee. Lange bevor eBay den Secondhand-Markt stürmte, gab es vorallem Bekleidung, aber auch Möbel und Elektronik in analogen Geschäften gebraucht und günstig zu kaufen. Der Onlinehandel hat die Plattform dieses Marktes um ein vielfaches erweitert, denn das Verschicken von zu Hause macht das Ver- und Einkaufen deutlich bequemer.

Jetzt gehen einige Portale noch weiter, und übernehmen sogar die Reparatur beschädigter Geräte – eines gesprungenen Handydisplays beispielsweise. Seit 2014 macht das französische Start-Up „Back Market“ genau das. Sie kaufen gebrauchte Elektronik, egal ob in gutem Zustand oder mit Macken und Defekten. In angeschlossenen Partnerwerkstätten werden die Smartphones, Tablets, Konsolen oder MP3 Player dann repariert, auf neudeutsch „refurbished“. Der Verkäufer bekommt einen vorher festgelegten Preis für sein Gerät, er muss also nicht bei einer Auktion bangend vor dem Computer sitzen oder sich im Kleinanzeigenmarkt runterhandeln lassen.

Gebraucht und grün

Der Gedanke hinter dem Verkaufen von gebrauchter, wieder aufbereiteter Elektronik ist nicht nur ein wirtschaftlicher, sondern auch ein grüner. Jedes Gerät, was ein neues Leben eingehaucht bekommt, landet nicht auf dem Müll, sondern in glücklichen Händen eines neuen Nutzers. Der kauft sich deshalb kein neues Gerät, wodurch insgesamt weniger Schrott auf den Müllhalden der Welt landet.

Lisa Sievers, die Managerin von „Back Market“ Deutschland formuliert es gegenüber der taz so: „Wir wollen nicht nur sagen, hier kriegst du ein günstiges Smartphone, sondern ein Bewusstsein schaffen für Nachhaltigkeit in der Elektronik“. Ein nächster Schritt in die grüne Richtung ist bereits in Planung: Eine Kooperation mit ghanaischen Jugendlichen, die auf einem der größten Elektroschrottplätze der Welt Plastikteile sammeln. Bisher wurden die Funde gesundheitsschädlich verbrannt, in Zukunft sollen sie recycelt und zu Handyhüllen verarbeitet werden, die dann bei „Back Market“ verkauft werden.

Viel Konkurrenz belebt das Geschäft

Das Start Up aus Frankreich ist jedoch bei weitem nicht der einzige Anbieter in diesem Segment. „Wirkaufens“, „Momox“ oder „flip4new“ sind nur einige Namen, die sich ebenfalls auf dem Markt tummeln. Teilweise sind sie direkte Kooperationspartner von ebay, Otto und Amazon.

Den recommerce Marktplatz „rebuy“ gibt es bereits seit 2009 in Deutschland, seit Beginn 2016 ist der Onlineshop außerdem in Frankreich und den Niederlanden erreichbar. In 14 Kategorien finden Käufer und Verkäufer dort zueinander. Das große Logistikzentrum in Berlin hat gut zu tun, denn „rebuy“ bietet seinen Kunden neben 18 Monaten Garantie und 21 Tagen Rückgaberecht einen weiteren Service: Zuhause ausgemistete Bücher, DVDs, technische Geräte oder ähnliches können in einem Karton gesammelt zu rebuy geschickt werden. Dort wird dann sortiert, bewertet und im Zweifel repariert. Der von „rebuy“ festgelegte Verkaufswert wird dann ohne Umschweife auf das Kundenkonto überwiesen - Secondhand leicht gemacht.

Es gibt noch keine Zahlen darüber, in wie weit sich der Kauf von gebrauchten Gegenständen auf die Müllhalden oder die Geschäfte mit Neuwaren auswirkt. Das der Recommerce Markt aber stetig wächst, darf als ein gutes Zeichen gewertet werden, dass auch bei den Kunden das Bewusstsein für einen nachhaltigen Umgang mit Gebrauchsgegenständen größer wird.