Kaffee gemahlen

Kaffee-Kartell - Preisabsprachen sollen Verbraucher Milliarden gekostet haben

11. Jan. 2010 von

Das Kartellamt beschuldigt Tchibo, Melitta und Dallmayr, illegale Preisabsprachen getroffen zu haben. Nach Berechnungen von Verbraucherschützern haben Kaffee-Trinker durch diese fast fünf Milliarden Euro zu viel gezahlt. Tchibo sagt, die angeführte Summe entbehre jeder Grundlage.

Berlin - Jahrelang haben Tchibo, Melitta und Dallmayr laut Bundeskartellamt mit illegalen Absprachen die Kaffeepreise nach oben getrieben - der Schaden für die Verbraucher soll gigantisch gewesen sein: Nach Berechnungen von Verbraucherschützern haben Kaffee-Kunden gut 4,8 Milliarden Euro zu viel bezahlt.

Die Schutzorganisation fordert deshalb nun drakonische Strafen: "Die Kaffee-Multis sollten das zu Unrecht abkassierte Geld an die Verbraucher zurückzahlen", sagte Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg der "Bild"-Zeitung. Melitta und Dallmayr nahmen zu den Vorwürfen auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE zunächst nicht Stellung.

Ein Tchibo-Sprecher teilte mit: "Die von den Interessenverbänden und Medien abgeleiteten fiktiven Mehrkosten für die Konsumenten entbehren in ihrer Höhe jeglicher Grundlage. Dies sei auch der Bewertung des Bundeskartellamtes zu entnehmen."

Das Kartellamt hat die drei großen Kaffeeröster wegen illegaler Preisabsprachen zu einer Geldbuße verurteilt. Insgesamt verhängte es Bußgelder in Höhe von 159,5 Millionen Euro gegen die Tchibo GmbH in Hamburg, die Melitta Kaffee GmbH in Bremen und die Münchener Alois Dallmayr Kaffee oHG.

Noch ist der Bescheid nicht rechtskräftig. Eine Melitta-Sprecherin teilte am Montag mit, das Unternehmen wolle gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlegen. Man habe "in Übereinstimmung mit der herrschenden Rechtslehre" erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des Bußgeldes. Auch Tchibo teilte mit, gegen den Bußgeldbescheid Einspruch einlegen zu wollen.

Verbraucherschützerin Schwartau rief die Verbraucher dagegen dazu auf die großen Kaffeeröster zu Weihnachten zu boykottieren. Statt ihrer Produkte sollten sie fair gehandelten Kaffee kaufen. Damit werde den in Armut lebenden Kaffeebauern in Entwicklungsländern geholfen. Der Tchibo-Sprecher bezeichnete den Aufruf als "unsachliche Vorverurteilung".

Absprachen über acht Jahre hinweg?

Nach den Erkenntnissen des Bundeskartellamtes gab es seit mindestens Anfang 2000 bis zur Durchsuchung der Unternehmen im Juli 2008 Gespräche zwischen den Geschäftsführern und Vertriebsleitern. Die Unternehmen hätten sich über Höhe, Umfang und Zeitpunkt der Bekanntgabe sowie das Inkrafttreten beabsichtigter Preiserhöhungen miteinander abgesprochen, teilte die Behörde am Montag mit.

Betroffen waren alle wichtigen Produkte wie Filterkaffee, Espresso und Kaffeepads. Die Absprachen wirkten sich unmittelbar zu Lasten der Verbraucher aus, da der Lebensmittelhandel die Preiserhöhungen in der Regel an diese weitergegeben hat. So führten allein die Preiserhöhungen im Dezember 2004 und im April 2005 zu einem Anstieg der Verbraucher- und Aktionspreise für Röstkaffee von durchschnittlich mehr als einem Euro pro 500-Gramm-Packung.

Im Juli 2008 hatten Ermittler die Büros der drei Unternehmen durchsucht, später kamen noch weitere verdächtige Firmen in der Branche dazu. Die Preisabsprachen sollen bis zum Einschreiten der Behörden stattgefunden haben.