Fluch & Segen

Hybridsaat: Der Samen für die perfekte Ernte

16. Juli 2016 von

War es tausende Jahre üblich, einen Teil der Ernte als Saatgut für die nächste Saison zurückzuhalten, greifen Bauern heutzutage vor allem zu Hybridsamen. Die Zuchtkörner versprechen ertragreiche Ernten ohne optische Makel. Doch Hybriden haben nicht nur Vorteile.

Es ist kein Zufall, dass sich die essbaren Triebe einer Gemüsesorte beim Händler äußerlich kaum unterscheiden und häufig sogar gleich schmecken. Sie sind das Ergebnis einer Hybridsaat: Für sie kreuzen Saatguthersteller Elternpflanzen, die auf eine bestimme Eigenschaft wie Form, Farbe oder Größe hin gezüchtet wurden. Der Samen, der aus der finalen Kreuzung gewonnen wird, enthält dann alle gewünschten Merkmale. Er kann beispielsweise besonders saftige Tomaten oder Mais mit besonders vielen Körnern hervorbringen.

Bei Profis und Hobbygärtnern beliebt

In der Landwirtschaft sind Hybridsorten sehr beliebt, weil sie robuster sind, das arbeitsintensive Konservieren von eigenem Saatgut obsolet machen und durch die angezüchteten Merkmale eine gewisse Planungssicherheit schaffen.

Noch dazu steigern sie die Gewinne der Bauern, denn erstens können die Hersteller ein üppigeres Wachstum in die Samen „einprogrammieren“ und zweitens nimmt der Handel größere Mengen ab, da nur noch selten das leider häufig verschmähte krumme Gemüse geentet wird. Kein Wunder also, dass der Anteil der Hybridsorten bei vielen anderen gängigen Gemüsearten laut Welternährungsorganisation FAO bei über 70 Prozent liegt.

Kleingärtner greifen ebenfalls gerne zur Hybridsaat-Tüten, die an dem kleinen Vermerk „F1“ für „Filialgeneration 1“ zu erkennen sind. Die Züchtungen geben ihnen die Möglichkeit, auf kleiner Fläche viele Gemüsesorten anzubauen und zu ernten. Wie die Profis müssen sich die Amateure allerdings auch mit den Nachteilen der Hybriden abfinden.

Teuer und mit Folgekosten verbunden

Den ersten Nachteil bekommen Käufer schon an der Kasse zu spüren: F1-Saatgut ist teurer als herkömmliche Samen. Den Aufwand der jahrelangen Züchtung und die Aussicht auf hohe Erträge sowie optimierte Früchte lassen sich die Hersteller gut bezahlen.

Außerdem ist das Erbgut der Hybriden im Gegensatz zu den früher genutzten samenfesten Sorten instabil. Wenn man die Samen, die aus der Ernte der F1-Triebe gewonnen wurden, noch einmal aussäht, werden entweder gar keine oder nur uneinheitliche und schwache Pflanzen wachsen. Wer einmal Hybridsaatgut verwendet, muss also jedes Jahr aufs Neue Hybridsaatgut kaufen und wird vom Produzenten abhängig.

Wohl keine Option für Entwicklungsländer

Obendrein reagieren Hybridpflanzen empfindlicher auf das Klima und den Boden als andere Gewächse. Werden ihre Ansprüche nicht erfüllt, müssen Dünger und Schädlingsbekämpfungsmittel zum Einsatz kommen.

Nicht zuletzt deswegen ist es fraglich, ob die Aussaat von Hybridsamen in Entwicklungsländern sinnvoll ist. Schließlich gibt es in manchen Gebieten extreme Temperatur- und Klimaschwankungen. Verliert ein Bauer seine Ernte zum Beispiel durch unregelmäßige Regenfälle oder eine längere Trockenperiode und muss Saat neu kaufen, droht die Verschuldung.

Ist das noch Bio?

Sicher fördert F1-Gut keinen nachhaltigen Anbau. Doch dürfen die Erzeugnisse, die Bauern von Hybriden gewinnen, als Bio- oder Öko-Produkte deklariert werden?

Kritiker der Hybrid-Methode verneinen dies. Ihrer Meinung nach zeichneten sich Ökopflanzen durch ihre Fruchtbarkeit aus. Sie müssen sich fortpflanzen und Eigenschaften weitergeben können. Noch dazu lasse die Zuchtsaat die Artenvielfalt und den Anteil an gesunden Nährstoffen in den Früchten schrumpfen.

Die Gegenseite verweist darauf, dass Hybride regelmäßig in der Natur vorkommen. Das sei ein grundsätzlich evolutionärer Vorgang, der die große Artenvielfalt erst ermöglicht hat. Der Mensch bringe jetzt lediglich die bevorteilten Zuchtlinien zusammen. Dabei werden keine gentechnischen Veränderungen vorgenommen.

Ganz anders liegt der Fall – und da sind sich beide Parteien einig – bei sogenannten CMS-Hybriden: Sie entstehen im Labor, indem artübergreifende Zellen miteinander verschmolzen werden. Das können klassische Züchtungsmethoden nicht. Aus CMS-Hybriden gezogene Pflanzen dürfen deshalb nicht als Bio-Ware verkauft werden.