Beliebt, aber bedenklich

Funktionieren Trennkost-Diäten eigentlich?

23. Feb. 2017 von

Zum Frühstück und zum Abendessen gibt es Kohlenhydrate, mittags eiweißhaltige Nahrung. Auf diesem Speiseplan basieren die beliebten Trennkost-Diäten. Obwohl sie oft beim Gewichtsverlust helfen, haben Ernährungsexperten Einwände.

Vor über 100 Jahren entwickelte der US-amerikanische Mediziner Howard Hay die Theorie, dass Proteine und Kohlenhydrate nicht gleichzeitig verdaut werden könnten. Stattdessen würde diese Kombination bei Menschen, die während einer Mahlzeit beide Nährstoffe zu sich nehmen, schädliche Säuren bilden. Diese würden sich schließlich im Körper einlagern, was Hay zufolge unter anderem zu Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes führen könne.

Zwei Richtlinien als Grundlage

Auf dieser Theorie, so das Online-Portal der Frauenzeitschrift „Brigitte“, gründeten dann auch die zwei Regeln, die Hay zum Ausgleich des Säure-Basen-Haushalts aufstellte.

Zum einen sollten seine Patienten Kohlenhydrate und Eiweiße getrennt voneinander essen. Nahrung mit einem hohen Kohlenhydrat- bzw. Proteinanteil wie Hülsenfrüchte oder Wurst waren gänzlich tabu. Dafür dürfen sogenannte neutrale Lebensmittel (Öle, Butter, Haferflocken), die weder sauer noch basisch sind, sowohl mit kohlenhydrathaltigem wie mit eiweißhaltigem Essen kombiniert werden.

Zum zweiten sollten Mahlzeiten „zu drei Vierteln aus Basen bildenden Lebensmitteln, wie Salat und Gemüse, bestehen. Säurebildner wie Milch, Fleisch, Fisch oder Käse dürfen nur ein Viertel des täglichen Bedarfs ausmachen.“ Noch dazu sollte zwischen den Mahlzeiten eine Pause von drei bis vier Stunden liegen.

„Wissenschaftlich gesehen Unsinn“

Durch die Trennung der Nahrung und die Ausbalancierung der Stoffwechseleffekte entgifte und entsäuere der Körper. Das wirke sich positiv auf die Gesundheit des Fastenden aus – zumindest in der Theorie. Die Wissenschaft hat dieses Konzept allerdings schon vor geraumer Zeit widerlegt.

Schon die Annahme, die Kombination Eiweiß-Kohlenhydrate würde zu Unverträglichkeiten führen, ist nach Meinung vieler Forscher falsch. „Die meisten [Lebensmittel] bestehen aus beiden Stoffen – und unser Körper kann sie problemlos verdauen“, schreibt „focus.de“ und zitiert eine Professorin für Ernährung, die die Theorie als „Unsinn“ bezeichnet.

Diätassistentin Heike Dethardt vom Verband der Diätassistenten pflichtet ihr bei und verweist auf das Beispiel Muttermilch. Die Mischung aus Proteinen, Kohlenhydraten und Fetten zeige nach Meinung der Expertin, „dass Mutter Natur bereits bei der ursprünglichsten Nahrung keine Trennung vorgesehen hat“. Weiterhin erläutert Stefan Kabisch vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung, dass ein ausgewogener Säure-Basen-Haushalt durchaus wichtig sei, der Körper den pH-Wert des Gewebes und Blutes aber selbst regulieren könne. Gründe für eine Übersäuerung seien zum Beispiel langes Fasten, sehr hoher Alkoholkonsum oder Krankheiten wie Diabetes.

Gewichtsverlust nicht durch Trennkost

Dass die Diät dennoch Kilos purzeln lässt, mag nach dem Blick auf einen beispielhaften Trennkost-Tag nicht verwundern. Bei „stern.de“ gebe es etwa morgens ein Vollkornbrötchen mit einem fettreichen Käse und ein Brötchen mit Honig. Am Mittag würde ein ungarisches Gulasch mit Rindfleisch und Paprika aber ohne Nudeln und abends ein Pfifferlingsrisotto serviert.

Das ist eine gesunde, kalorien- und fettarme Ernährung, die die Fettwerte im Blut reduzieren kann. Der Abnehmerfolg sei letztendlich aber nicht auf die Trennkost, sondern auf die Lebensmittelauswahl zurückzuführen.

Gefahr von Mangelerscheinungen

Kabisch rät dennoch von einer langwierigen und strickt eingehaltenen Trennkost-Diät ab. Es gebe unzählige Lebensmittel, in denen beide Stoffe enthalten sind. Daher sei eine völlige Trennung im Alltag problematisch.

„Zudem könnte aufgrund der reduzierten Eiweißaufnahme ein Mangel an Kalzium, bestimmten B-Vitaminen und Aminosäuren auftreten", sagt Kabisch. Andere Experten warnen zusätzlich vor Eisen- und Jodmangel, der insbesondere bei Schwangeren und Kindern auftreten könnte.