„Hilfe, ich habe Durst“

Diese Bäume twittern live vom Klimawandel

12. Jan. 2017 von

Seit kurzem berichten Bäume auf Twitter über ihr Stresslevel. Der Grund: Baumarten reagieren unterschiedlich auf den Klimawandel. Um die Bedürfnisse der Wälder besser zu verstehen, haben Forscher die Bäume mit dem Internet verbunden.

Bäume twittern „Hilfe, ich habe Durst“

Twitternde Bäume — das klingt verrückt, doch tatsächlich melden seit April erstmals deutsche Bäume ihren Gesundheitszustand über das Soziale Netzwerk. Ziel ist die Überwachung der zunehmenden Trockenheit durch den Klimawandel.

Daten des Baumes, zum Beispiel über den Wasserfluss oder die Verdunstung, werden über den Social-Media-Dienst Twitter gemeldet, erklärt Tanja Sanders. Sie ist Forscherin am Thünen-Institut für Waldökosysteme in Eberswalde, das als Bundesforschungsinstitut an dem Projekt beteiligt ist.

Baum-Tweets über Verdunstung und Wasserfluss bei starker Trockenheit könnten zum Beispiel mit „Hilfe, ich habe Durst“ übersetzt werden.

So funktioniert das Baum-Twittern

Um aktuelle Daten wie den Wassertransport oder das Wachstum des Baumes zu erfassen, werden die Bäume mit Messfühlern und Sensoren ausgestattet.

„Es funktioniert wie eine Art Fitnesstracker beim Menschen, nur dass unser System pro Baum 10.000 Euro kostet“, so Institutsleiter Andreas Bolte.

Die Vitalwerte des Baumes werden dann per Computer und WLAN-Verbindung direkt ins Internet übertragen und bei Twitter veröffentlicht.

Frühwarnsystem im Klimawandel

Bislang stehen „Twittering Trees“ in Deutschland, Belgien und den Niederlanden. Das Netzwerk der twitternden Bäume soll künftig über ganz Europa ausgeweitet werden.

Den Forschern gehe es vor allem darum, zu verstehen wie einzelne Baumarten auf extreme Trockenheit — die dem Klimawandel geschuldet ist — reagieren, so Bolte. Erst so habe man ein Handwerkszeug, um eingreifen zu können.

In dem europäischen Forschernetzwerk „Streess“ forschen Genetiker, Ökophysiologen, Holz-Anatomen und Pflanzenökologen bereits seit Jahren zu diesem Thema. Noch gebe es keine allgemein gültige Antwort, wie Wäldern geholfen werden kann.

Erste Ergebnisse aus den Tweets

Die Forscher haben bereits erste Erkenntnisse aus den Tweets gewonnen. So reagieren Fichten zum Beispiel sehr sensibel auf Trockenheit, Eichen wiederum seien resistenter.

Die Bäume senden ihre Daten ungefiltert an Twitter. „Jeder kann so sehen, wie es den Bäumen geht. Das sensibilisiert über Social Media die Menschen“, erklärt die Ökophysiologin Kathy Steppe von der belgischen Universität Gent.

Zudem erhalten die Wissenschaftler konstant neue Erkenntnisse, wie die Bäume auf zunehmende Hitze und Trockenheit reagieren, ergänzt Bolte.