Eigene Medikamentensperre missachtet

Auch Ökobauernverband Bioland griff auf Antibiotika zurück

11. Feb. 2016 von

Mit einem Bericht des MDR-Magazin FAKT fing es an. Der Vorwurf: Antibiotikaeinsatz in einem großen deutschen Bio-Betrieb. Der Skandal weitet sich jetzt aus.

Nach Recherchen des Magazins FAKT soll einer der deutschen Vorzeigebetriebe der Bio-Branche – die Hermannsdorfer Landwerkstätten in Bayern – intensiv Medikamente und Hormone in Betrieben eingesetzt haben. Rund 15 Prozent der Schweine hätten dieses Jahr Antibiotika bekommen. Dass bei der ökologischen Schweinehaltung keine Antibiotika eingesetzt werden, sei eine Utopie, so Geschäftsführer Karl Schweisfurth gegenüber dem MDR.

Nach „Biokreis“-Siegel patzt jetzt auch „Bioland“

Die Hermannsdorfer Landwerkstätten verkaufen unter dem Siegel „Biokreis“. Diesem vertrauen Verbraucher, um streng kontrollierte ökologische Landwirtschaft zu fördern. Zu groß ist die Angst vor Antibiotikaresistenzen mit schlimmen Folgen für den Menschen.

Jetzt hat nach „taz“-Berichten auch Deutschlands größter Ökobauernverband „Bioland“ gegen seine selbst auferlegten Regeln verstoßen, indem er einzelnen Bauern Antibiotika erlaubt habe, die diese eigentlich grundsätzlich nicht verwenden dürfen.

So habe der Verband allein 2014 seinen Landwirten 35 Mal eine Ausnahme erteilt, Tiere mit Antibiotika zu behandeln, auf die er offiziell streng verzichtet. Darunter waren auch sogenannte Reserveantibiotika (Fluorchinolone), die auch zur Behandlung von Menschen eingesetzt werden, die mit antbiotikaresistenten Keimen infiziert sind. Deren erhöhte Verwendung kann zu weiteren Resistenzen führen. Um das Problem deutlich zu machen: Laut WHO-Schätzungen sterben in der EU jedes Jahr rund 25.000 Menschen an Infektionen mit resistenten Bakterien.

„Bioland“-Sprecher Gerald Wehde betonte in der „taz“, dass diese Reserveantibiotika aber nur zum Einsatz kamen, wenn „der Tierarzt keine Alternativbehandlung aus Sicht des Tierschutzes“ habe vornehmen können.

Unter diesen Bedingungen hätte ein mit Reserveantibiotika behandeltets Schwein dann aber nur noch mit dem gesetzlichen EU-Biosiegel und nicht mit dem teureren – und mit strengeren Regeln beworbenen – „Bioland-Siegel“ verkauft werden dürfen.

Bio Tierhaltung hat ihren Preis

Ein geneerelles Problem von Bio-Betrieben: Sie rechnen sich oft aus finanzieller Sicht nicht mehr. Die Nachfrage auf dem Markt wird zwar immer größer, doch die Bio-Produkte werden aus dem Ausland importiert. Diese Produkte sind oft günstiger. Bereits die Hälfte der verkauften Ware bei Äpfeln, Gurken und Möhren ist Importware. Bei Biotomaten liegt die Quote bei über 80 Prozent. Die Bio – Produkte kommen aus allen Ecken der Welt, darunter neben Europa auch Indien, China, Peru, Australien oder Äthiopien.

Doch Bio sollte keine Preisentscheidung sein, sondern eine Qualitätsentscheidung, die auch die Umwelt und die Klimabilanz miteinbezieht. Die regionale Wertschöpfung sollte auch eine Rolle spielen. Und Fleisch natürlich ohne Antibiotika.