Im Ökotest:

Mineralöl in fast allen vegetarischen und veganen Bratwürsten

09. Juni 2021 von

Es gibt einige gute Gründe, Würstchen ohne Fleisch zu braten. Unter der Pelle verbirgt sich aber nicht immer nur Gesundes. 18 der 20 vegetarischen und veganen Bratwürste im Test enthalten Mineralöl.

  • Nur jedes vierte Veggie-Würstchen im Test kann Ökotest empfehlen: Ein Produkt schneidet mit Bestnote ab, vier weitere mit "gut".
  • Fleischlos heißt nicht automatisch natürlich oder gesund. In vielen vegetarischen und veganen Bratwürsten stecken Aromen und Mineralöl.
  • Mit "mangelhaft" oder "ungenügend" fallen acht Fleischersatzprodukte durch den Test.

Weniger Fleisch auf dem Speisezettel ist immer ein guter Plan. Für die Gesundheit, fürs Klima, fürs Tierwohl. Gilt das auch für Bratwürstchen? Kommt drauf an. Wie gut die Bilanz wirklich ausfällt, hängt vor allem davon ab, womit die Hersteller das Fleisch ersetzen. Ökotest hat 20 vegetarische und vegane Bratwürste getestet. Die Mehrheit besteht hauptsächlich aus Tofu oder Sojaeiweiß, in einigen Marken bilden das Weizeneiweiß Seitan, Süßlupinen oder Gemüse die Grundlage.

Und gleich vorneweg: Unter dem Strich stehen nur wenige gute Noten. Insgesamt acht Veggie-Würstchen fallen mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durch. Denn leider trüben Schadstoffe die gute Gesundheitsbilanz der fleischfreien Würstchen.

Mineralöl in vegetarischen und veganen Bratwürsten

Viele wertvolle Pflanzenproteine sind unbestritten ein Pluspunkt. Negativ zu Buche schlagen aber vor allem die im Labor gefundenen Mineralölbestandteile: 18 der 20 veganen und vegetarischen Bratwürste waren mit gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen (MOSH) verunreinigt. Vier davon sogar in einer Menge, die wir als "stark erhöht" betrachten.

Das Problem? MOSH können sich im Körperfett sowie in Leber oder Lymphknoten anreichern. In einem Fall fand das beauftragte Labor zusätzlich aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH), unter denen sich auch krebserregende Verbindungen befinden können.

Diese Bratwürste erhielten von Ökotest die Note „gut“

Spuren von Pestiziden in fünf Veggie-Würstchen

Die Mineralöleinträge sind ein Problem, das Ökotest bereits in früheren Tests von Fleischersatzprodukten festgestellt hat. Es betrifft auch die Bio-Würstchen im Test. Die Verunreinigungen können etwa aus dem Schmieröl von Produktionsanlagen oder dem Formen der Würste stammen.

Das beauftragte Labor hat zudem in fünf Veggie-Würstchen Spuren von Pestiziden gefunden. Noten haben sie für bedenkliche Stoffe, wie das vermutlich krebserregende Pestizid Chlorpropham, abgezogen. Seine Anwendung ist in Deutschland seit Ende 2020 verboten.

So schmecken die Fleischersatzprodukte

Nun zum Geschmack der vegetarischen und veganen Bratwürste im Test. Von einem Bratwürstchen – auch von einem fleischlosen – erwarten Verbraucherinnen und Verbraucher, dass es würzig schmeckt und dass es einen gewissen Biss hat.

Geschmacklich können alle Veggie-Würstchen im Test überzeugen, das bescheinigten Sensorik-Experten nach der Verkostung.

Kritik an zu viel Salz in Veggie-Würstchen

Doch in einigen vegetarischen und veganen Bratwürsten steckt aus Ökotests Sicht zu viel Salz. Dauerhaft hoher Salzkonsum kann Bluthochdruck verursachen. Und damit das mit dem Geschmack und dem halbwegs Knackigen klappt, enthalten die Produkte einiges an Zusatzstoffen: Viele Hersteller helfen etwa mit Aromen, glutaminsäurehaltigem Hefeextrakt oder "Würze" nach.

"Würze" hat allerdings wenig mit Gewürzen zu tun: Dahinter verbergen sich Eiweißhydrolysate, also chemisch behandelte und gespaltene Proteine. Solche Zusätze sehen die Tester kritisch, denn das Geschmacksempfinden kann sich daran gewöhnen und der natürliche Geschmackssinn verloren gehen. Zudem lässt sich guter Geschmack auch mit natürlichen Zutaten und Gewürzen erzeugen – die Mehrheit der Bio-Würstchen führt es vor.

Wie gesund sind vegane und vegetarische Bratwürste?

Am Ende sind vegane und vegetarische Würstchen — wie die meisten Fleischersatzprodukte — eben hoch verarbeitete Lebensmittel. Wie sie im Vergleich untereinander aus ernährungsphysiologischer Sicht dastehen, dafür liefert der Nutri- Score erste Anhaltspunkte.

Ökotest hat den Nutri-Score, wo möglich, anhand der Nährwertangaben auf den Verpackungen errechnet und führt ihn im ePaper und im Magazin auf. Diese neu eingeführte Ampelkennzeichnung hat zwar viele Schwächen, erlaubt aber einen schnellen Vergleich gerade von hoch verarbeiteten Lebensmitteln: Auf einer Skala von A bis E bildet der Score unter anderem die Menge und Qualität der Fette oder die Menge an Proteinen und Ballaststoffen ab.

Die Hälfte der Produkte landet bei "C", sechs bei "B", und nur zwei erhalten die beste Kennzeichnung "A". Das liegt vor allem an einem vergleichsweise hohen Ballaststoffgehalt.

Diese Bratwürste erhielten von Ökotest die Note „ungenügend“

Kükentöten für vegetarische Bratwurst?

Und wie steht es mit dem Tierwohl? Sieben Produkte im Test sind vegetarisch, nicht vegan. Sie binden die Wurstmasse mit Ei, meist als Konzentrat eingesetzt. Mengenmäßig ist das oft gar nicht so wenig, der Anteil an konzentrierten Eiklarpulvern beträgt bis zu knapp zehn Prozent.

Ökotest wollte wissen: Wie werden die Hühner gehalten, von denen die Eier stammen? Wurden im Rahmen der Zucht der Legehennen die männlichen Küken getötet? Einzig ein Hersteller im Test verarbeitet Eier mit dem AMA-Gütesiegel aus österreichischer Bio-Freilandhaltung, die mehr Auslauf und die Aufzucht von Bruderhähnen vorsieht.

Die übrigen Anbieter verwenden Eipulver aus Freiland- oder in einem Fall auch aus der noch schlechteren Bodenhaltung. Das Töten männlicher Eintagsküken können sie alle nicht ausschließen.

Die Testsieger, die Testtabelle sowie das gesamte Ergebnis im Detail findest Du im ePaper.